Voller Vorfreude verließen meine Frau und ich nach drei Tagen der Akklimatisierung das Reihenhaus in Cebu City und nahmen den Bus Richtung Argao. Im Wohnort meiner Lola (Filipino: Oma) angekommen waren wir erleichtert, dem Verkehrskollaps und der stickigen Hitze des zweitgrößten Ballungsraumes der Philippinen entkommen zu sein. Die Stadtgemeinde Sibonga versprach da schon um einiges mehr an Ruhe… – was sich tagsüber auch bewahrheitete.
Da ich alle zwei Jahre die Philippinen besuche, rechnete ich nicht mit großen Überraschungen. Seit meinem letzten Aufenthalt 2012 hatte sich innerhalb von zwei Jahren jedoch am Nachbargrundstück der Großmutter so einiges getan. Der Besitzer der angrenzenden Parzelle hatte sich im Laufe der Zeit eine ganze Legion an Kampfhähnen zugelegt – es waren mindestens 30 Vögel, die sich aneinander reihten.
Umso schlimmer war, dass unser Schlafzimmer nach Osten zeigte und somit genau den Hähnen zugewandt war. In der Nacht gab es dann ein Hörspiel, welches uns den Schlaf raubte. Der Kampf, den die auf der Straße lebenden, wilden Hunde nächtlich führten, war laut und deutlich zu vernehmen. Unterstützt wurde der Lärmpegel vom Gebell und Gejaule der „scharf“ abgerichteten Wachhunde der Einfamilienhäuser.
Dem nicht genug, stimmten die gefiederten Gladiatoren des Nachbarn in das tierische Konzert ein und krähten die ganze Nacht als gäbe es ausschließlich den Morgen! Meine Frau kommt zwar aus dem ländlichen Raum Österreichs, aber ein stundenlanges Hahngekrähe in der Dunkelheit war auch ihr bis dato nicht bekannt.
Wie konnte man also unseren Schönheitsschlaf retten? Es gibt kaum etwas, das man auf den Philippinen nicht mit der entsprechenden monetären Zuwendung regeln kann. Meine Mutter trat, nachdem auch sie kein Auge zu getan hatte, mit dem Nachbar in Kontakt.
Kurzerhand handelte sie mit ihm einen Deal aus: Der Nachbar sollte ihr die Hälfte der Kampfhähne schlichter Hand verkaufen. „Was machst du mit mehr als einem Dutzend Kampfhähnen?“ fragte ich meine Mutter verdutzt und fügte hinzu, dass sich diese hochgezüchteten Tiere wohl kaum als Suppenhühner eignen würden. Dass meine Mama nur als Zwischenhändlerin fungierte und die Störenfriede gleich an meinen Onkel Mario, der auch dem Hahnenkampf zugetan war, weiter verkaufen würde, war mir dabei nicht in den Sinn gekommen.
Dank des Einfallsreichtums meiner Mutter sollte es ab diesem Tag – mit nur 15 schreienden Hahnenkehlen in der Nacht – ein erholsamer Urlaub in Sibonga werden. Ob die Hähne für meinen Onkel ein gutes Geschäft und siegreich im Ring waren, blieb für mich zweitrangig.
Philip Weninger wurde das Interesse an Südostasien bereits mit der Muttermilch mitgegeben. Er bereist gerne Südostasien und im zweijährlichen Rhythmus, mit seiner besseren Hälfte Bianca, auch die Heimatregion seiner Mutter, Cebu und die Visayas. Philip ist ein Sentro-Mitglied der ersten Stunde und für wissenschaftlichen Input und Dokumentation zuständig. Neben dem Reisen begeistert er sich für Sport, Kulinarik und für das aktuelle Weltgeschehen.