Seit Menschengedenken gibt es Wanderbewegungen. Unterschiedliche Gründe veranlassen die Menschen, eine angestammte Gegend zu verlassen in der Hoffnung, woanders bessere wirtschaftlich Voraussetzungen und Erwerbsmöglichkeiten vorzufinden.
Migration, Immigration, Zuwanderung und Zusammenleben von Menschen verschiedener Herkunft, Religion und kulturellem Hintergrund ist mittlerweile weltweit ein Thema von höchster Aktualität und Priorität. Viele Menschen flüchten vor Krieg, Gewalt oder Naturkatastrophen um woanders, unter ganz neuen Voraussetzungen und vollkommen neuer Umgebung mit anderen Sitten, Gebräuchen und anderem Rechts- und Werteverständnis ein neues Leben zu beginnen.
Ich habe 32 Jahre meines Berufslebens im Ausland in zehn verschiedenen Ländern mit den unterschiedlichsten Rahmenbedingungen verbracht. Filipinos habe ich überall getroffen und Freundschaften geschlossen, die auch heute noch von beiden Seiten gepflegt werden. Die Filipinos waren dem Gastland gegenüber immer loyal und positiv eingestellt, trotz der meist grossen Communities gab es so gut wie nie Probleme mit der ansässigen Bevölkerung oder anderen Religions- und Kulturgemeinschaften. Auch mit den Gesetzen kamen sie nicht in Konflikt und stellten für die lokalen Behörden keinen Risikofaktor dar.
Die Filipinos sind fleissig, haben vielfach eine sehr gute Ausbildung und unterstützen mit dem Ersparten die Familien in der Heimat. Ein friedliches Miteinander stand an oberster Stelle, Konfrontation ist nicht ihre Sache, die Gastfreundschaft ist sprichwörtlich, sobald sie zu jemand Vertrauen gefunden haben. Was sie aber überall gemeinsam haben ist ihre Liebe zur Heimat und die wird auch in der Ferne mit der Pflege ihrer Kultur aufrecht erhalten.
Ich war oft bei Veranstaltungen eingeladen, zu Beginn wurden stets die philippinische Hymne und selbstverständlich auch jene des Gastlandes gespielt.
In Malaysia’s Hauptstadt Kuala Lumpur hatte ich einmal ein sehr bewegendes Erlebnis: es war Mitte der 1990er Jahre, Anfang Dezember, gewohnt habe ich in einem grossen Hotel, in dem ein österreichischer Freund von mir Hoteldirektor war. An einem Nachmittag ging ich in die Lobby-Bar, da ich bis zum nächsten Termin noch genügend Zeit hatte. Es waren noch keine Gäste dort, aber zwei Paare, Musiker aus den Philippinen. Sie spielten über eine Stunde als einzigen Gast nur für mich, eine wunderbare Musik, ich hätte lange zuhören können. Wir haben uns dann persönlich kennengelernt und ich lud die beiden Ehepaare spontan zum Abendessen ein, weil sie so sympathisch waren. Ich habe dann ihre Lebensgeschichte erfahren und sie haben mir von ihren Plänen erzählt. Es ist mir dann auch gelungen, ihnen eine Spielsaison in einem Hotel in Singapur zu vermitteln. Lange waren wir in Kontakt, aber irgendwann haben sich auch die Spuren verloren. Aber wie dem auch sei: ein Erlebnis, das ich nicht missen möchte.
In Schweden und Frankreich, wo ich die meisten meiner Auslandsjahre verbracht habe, war es einfacher, allein schon durch die lange Dauer des Aufenthaltes, den Kontakt zu philippinischen Freunden zu halten. Ich erinnere mich an ein Midsommarfest (das Fest zum längsten Tag des Jahres und Sommersonnenwende). Die philippinischen Freunde kamen in Tracht und brachten Spezialitäten aus ihrer Heimat mit. Die Filipinos brachten sich eben überall positiv ein. In meinem Freundeskreis waren ausserdem etliche Männer mit Frauen aus den Philippinen verheiratet und so konnte ich die exzellenten philippinischen Spezialitäten so oft ich wollte vor Ort geniessen.
Beeindruckt hat mich immer ihr sozialer Zusammenhalt, wo immer sie auf der Welt waren und der Wille, sich problemlos in die Gesellschaft des Gastlandes zu integrieren, ohne dabei die Wurzeln ihrer Herkunft zu verleugnen. Wenn ich vorhin erwähnt habe, dass sich Filipinos gut in der Fremde integrieren, dann sei ganz allgemein dazu angemerkt, dass Integration nur dann funktioniert, wenn sie auf Basis des gegenseitigen Respekts, der Toleranz und der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen beruht. Ab dem Moment, in dem eine Gruppe, egal, ob es eine religiöse oder politische Überzeugung ist, beginnt, Andersgesinnte zu unterdrücken, auszugrenzen oder gar zu eliminieren, um ihre eigenen Vorstellungen durchzusetzen, wird das Zusammenleben problematisch. Es geht nicht um eine Konfrontation von Religionen und Kulturen, wenn Friede erwartet wird, dann sind alle in gleichem Masse gefordert, einen aktiven Beitrag dazu zu leisten.
Hermann Kroiher ist Generalsekretär vom UNCAV United Nations Correspondents Association Vienna